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Freitag, 25 März 2016 13:40 geschrieben von Norman Frischmuth
Publiziert in Einzel-Projektmanagement

Arbeit oder Dauer (Folge 13)

Das Arbeit immer länger dauert, als man vorher gedacht hat, wissen wir. Warum das aber so ist, erfahrt ihr in diesem Film, der den Unterschied zwischen Arbeit und Dauer im Projektmanagement beleuchtet.

Wer seine Projekt-Aktivitäten ausschließlich mit Hilfe der Dauer plant, macht einen gewaltigen Fehler. Auf dem Papier scheint alles zeitlich zu passen. Leider wurde die Problematik der Kapazität und damit der zu leistenden Arbeit vergessen.

 

ARBEIT ist nicht immer gleich DAUER

Im Projektmanagement gibt es zwei Begrifflichkeiten, die immer wieder zur Verwirrung führen. Gemeint sind die Begriffe ARBEIT und DAUER. Was auf den ersten Blick ziemlich akademisch klingt, hat in der Praxis weitreichende Auswirkungen.

ARBEIT ist eben nicht immer gleich DAUER. Arbeit als auch Dauer sind zwei unterschiedliche Eigenschaften einer Aktivität.

 

Beispiel ARBEIT

Angenommen es soll ein Swimmingpool anlegt werden. Dann kommt die Frage auf, welcher Arbeitsaufwand wohl in etwa für das Ausheben des notwendigen Erdlochs einzuplanen ist. Die eine Hälfte der Befragten schätzt, dass ein Arbeitstag dafür benötigt wird. Diese Einschätzung gibt den Arbeitsaufwand und damit die ARBEIT für die Aktivität »Poolloch ausheben« wieder. Man könnte auch sagen, die ARBEIT beschreibt die Leistung, die im Rahmen der Aktivität zu erbringen sein wird. Die Einheit der ARBEIT wird in Personentagen (PT) ausgedrückt. Also die Anzahl der Arbeitstage, die von einer Person zu erbringen sind.

 

Beispiel DAUER

Das Poolloch soll mit Hilfe anderer Projektressourcen ausgehoben werden. Leider haben alle Freunde und Bekannte genau an diesem Wochenende furchtbar wichtige andere Termine und können nicht helfen. Nur ein Kumpel sagt zu, leider mit Einschränkungen, da er selber auch gerade in seinem Garten ein wichtiges Projekt verfolgt. Aber er bietet einen halben Tag für die Hilfe an. Im Projektmanagement spricht man nun von der Kapazität einer Projektressource. Da er nur den halben Tag verfügbar ist, kann also mit 50% seiner Kapazität geplant werden.

Was bedeutet dies nun für das Projekt auf der Zeitachse und damit für die DAUER?

Der Freund kommt also am Umsetzungstag und beginnt mit der Arbeit. Nach der Hälfte des Tages muss er abbrechen. Ein Blick auf das halb ausgehobenes Loch lässt erkennen, dass nur 50% der geschätzten Arbeit (1 PT) an diesem Tag geschafft wurde. Ein Tag ging also vorbei, an dem 0,5 PT Leistung umgesetzt werden konnten. Gott sei Dank kommt der Freund am Folgetag in der zweiten Tageshälfte wieder und beendet nun das Werk. Er arbeitet also wieder einen halben Tag (bedeutet 0,5 PT). Fazit: Mit einer Projektressourcen-Kapazität von 50% wurden für 1 PT (ARBEIT) 2 Tage (DAUER) benötigt.

Die Dauer beschreibt also die Zeit einer Aktivität, die ARBEIT die Leistung.

 

Arbeit versus Dauer

Der Unterschied soll nun nochmal anhand eines Beispiels verdeutlicht werden. Angenommen ein Freund fragt, wer Lust zum Grillen hat. Zwei Personen sagen sofort zu. Beim Eintreffen der Freunde bekommt jeder einen Spaten in die Hand gedrückt und es wird ganz nett gefragt, ob diese beim Poollochausheben helfen können während das Barbecue vorbereitet wird. Die Freunde nehmen die Aufforderung an. Damit ergeben sich 2 volle Projektressourcen und dadurch eine Kapazität von 200%. Wie wird sich dies nun auf die DAUER auswirken?

 

Auswirkung von Kapazität auf Dauer

Beide Freunde können unabhängig voneinander am Poolloch arbeiten. Damit benötigt der eine für ein halbes Loch einen halben Tag und der parallel arbeitende ebenso. Somit ist das Loch nach nur einem halben Tag vollständig ausgehoben. Die ARBEIT von 1 PT konnte damit in nur einem halben Tag DAUER umgesetzt werden. Das bedeutet, dass mit Kapazitäten über 100%, die Arbeit beschleunigt werden kann, vorausgesetzt die Projektressourcen können ungestört und unabhängig von einander an der Aufgabe arbeiten. Es gibt also eine einzige Konstellation, in welcher ARBEIT und DAUER tatsächlich identisch sind: Wenn eine volle Projektressource (also 100%ige Kapazität) zum Einsatz kommt. Leider ist das in der Praxis nur sehr selten der Fall. Mehr dazu im Beitrag »Organisationsformen im Projekt« an. In der Regel muss die Projektressource mit anderen Projekten oder der Linie (Abteilung) geteilt werden. Damit wird klar, wie die größten Zeitverschiebungen im Projekt zustande kommen.

Wenn beispielsweise eine Aktivität mit einem Arbeitsaufwand von 10 PT geplant wird (was ungefähr 2 Wochen sind) benötigt eine Projektressource mit einer Kapazität von 10% hierfür 100 Tage – also 5 Monate. Wurde mit 50%iger Kapazität geplant und die Projektressource hat keine Zeit und kann nur 10% erbringen, sieht es schlecht aus. Deshalb ist das Ressourcenmanagement insbesondere im Multiprojektmanagement von zentraler Bedeutung. Folglich sollte nach Möglichkeit ARBEIT geschätzt und die Dauer auf Grundlage der verfügbaren Kapazität zu ermittelt werden. Wenn dies andersherum gemacht wird, so wird zwar der Arbeitszeitraum festgelegt, aber ob die Arbeit innerhalb dieser Zeit genügt, das Werk zu beenden, bleibt ungewiss.

DAUER-Aktivitäten eignen sich bei Aktivitäten, bei denen der Umsetzungszeitraum wesentlich ist und nicht das Ergebnis. Im umgekehrten Fall sollte die ARBEIT festgelegt werden, die notwendig ist, um das Ergebnis zu erreichen. Dann sollte die realistische DAUER ermittelt werden.

 

Gelesen 2750 mal Letzte Änderung am Mittwoch, 05 Mai 2021 13:11
Norman Frischmuth

Über den Autor

Norman Frischmuth

Nach der Berufsausbildung zum Industriekaufmann bei der AEG AG absolvierte Norman Frischmuth das Studium der Betriebswirtschaft mit dem Schwerpunkt Informationsmanagement. Seine Diplomarbeit mit dem Titel „Anreizsysteme für den innerbetrieblichen Wissensmarkt“ bildete die Grundlage für die spätere Entwicklung der webbasierten Projektmanagementlösung Blue Ant. Während und nach seinem Studium war Norman Frischmuth als Berater und später Projektleiter bei unterschiedlichen IT-Unternehmen tätig.

Gemeinsam mit Kollegen gründete er Ende 2001 die proventis GmbH und ist seit diesem Zeitpunkt geschäftsführender Gesellschafter. Kernprodukt der proventis GmbH ist die Multi-Projektmanagemensoftware Blue Ant. In dieser Zeit hat er bei über 100 MPM-Implementierungsprojekten in Deutschland, Österreich und Schweden mitgewirkt, seine Schwerpunkte sind dabei: Project Management Office-Integration und die Etablierung von Ressourcenmanagement in Unternehmen mit 500 - 5000 Mitarbeitern

Seit 2003 engagiert er sich zudem im Hochschul- und Universitätsbereich und unterstützt Seminare sowie eLearning- und Blended-Learning-Veranstaltungen unteranderem an der Humboldt Universität zu Berlin, der Technischen Universität Berlin, der Hochschule für Technik und Wirtschaft und der Beth-Hochschule.

Im Rahmen seines ehrenamtlichen Engagements ist er seit 2009 Mitglied der Regionalleitung Berlin der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement (GPM).

Sein besonderes Engagement gilt der Vermittlung von Wissen und Erfahrungen im Rahmen von Seminaren, Vortragsreihen und der Beratung zum Thema praxisnahes Multi-Projektmanagement.

Seit 2003 unterrichtet Norman Frischmuth an Berliner Universitäten und Hochschulen mit Leidenschaft das Thema Projektmanagement. Seine praxisorientierte Vortragsweise gibt Anlass zum Weiterdenken und Raum für neue Fragen. Seit 2009 ist Norman Frischmuth Mitglied der Regionalleitung der GPM in Berlin.

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